Berlin 1922. Wolfhagen 2019. Wie kam es zu den politischen Morden an Walther Rathenau und Walter Lübcke? Wie sehr ähneln sich die Hintergründe, Netzwerke und Ideologien der rechtsextremen Täter? In einem Gespräch mit den Autoren Florian Huber („Rache der Verlierer“, 2020) und Martin Steinhagen („Rechter Terror“, 2021) schaut die Veranstaltung auf die Linien und Kontinuitäten rechter Gewalt und Terrorismus in Deutschland. Florian Huber ist Historiker und Fernsehredakteur. Er studierte Geschichte und Volkswirtschaftslehre in München, Freiburg, Köln und Orlando, 2006 schloss er seine Promotion an der Universität Osnabrück ab. Von 1998 bis 2006 arbeitete er als Redakteur und Regisseur beim NDR-Fernsehen, seit 2007 produziert er als selbstständiger Autor und Regisseur Dokumentarfilme. Martin Steinhagen ist freier Journalist. Er studierte Politikwissenschaft und Philosophie in Frankfurt, New York und Tübingen und war nach seinem Volontariat bei der Frankfurter Rundschau dort Politik-Redakteur. Seit Jahren recherchiert er zu Ursprung und Gegenwart der radikalen und militanten Rechten, darunter der NSU. Gemeinsam mit dem Investigativ-Ressort der ZEIT hat er seit Juni 2019 über den Mord an Walter Lübcke berichtet und den Prozess beobachtet.
Im Sommer des Jahres 1783 machte sich in Europa ein ungewöhnlicher und merkwürdig hartnäckiger Nebel breit. Er hatte einen leichten Schwefelgeruch, war trocken und verzog sich lange nicht. Wo kam dieser Nebel her? Die Menschen zerbrachen sich darüber die Köpfe und entwickelten verschiedene Theorien. Lag es am besonders heißen Sommer, waren schwere Erdbeben in Süditalien die Ursache oder Veränderungen im Inneren der Erde oder entzog gar die neue Erfindung des Blitzableiters der Luft gute Elektrizität? Die Leute damals wussten es nicht. Denn 1783 gab es noch keine Liveberichterstattung, wie wir sie heute kennen. Keine Echtzeit-Bilder, keine Videoschalten, keine Live-Reportagen, die über Radio, Fernsehen oder Social Media über den Ausbruch der Laki-Vulkanspalte auf Island hätten berichten können. Was aber wäre gewesen, wenn Live-Berichterstattung damals möglich gewesen wäre? Mit welchen möglichen Konsequenzen für die politische und soziale Geschichte Europas, aber auch für die Wissenschaftsgeschichte? Die Historikerin und Geologin Dr. Katrin Kleemann vomDeutschen Schifffahrtsmuseum Leibniz-Institut für Maritime Geschichte hat diese Fragen mit Dr. Charlotte Lerg und Georgios Chatzoudis durchgespielt und diskutiert.
Zu Gast ist Anja Röcke vom Institut für Soziologie der Humboldt-Universität Berlin mit ihrem Buch "Soziologie der Selbstoptimierung".Produktiver, schöner und glücklicher werden – das ist nicht nur der Wunsch vieler Zeitgenossinnen und –genossen, sondern durchaus auch eine Erwartungshaltung, die an sie herangetragen wird. Anja Röcke hat die Selbstoptimierung als eine Leitidee der Gegenwart bezeichnet und näher unter die Lupe genommen. Thomasius-Club Der Thomasius-Club ist eine offene Gesprächsrunde, die Wissenschaftler*innen einlädt und zu aktuellen Themen ihrer Forschung befragt. Das Programm des Thomasius-Club wird von einer kleinen Gruppe Aktiver sorgfältig ausgewählt und beschlossen. Seinen Namen trägt der Thomasius-Club in Erinnerung an den Leipziger Philosophen und Rechtsgelehrten Christian Thomasius, der im Jahr 1688 seine Monatsgespräche zu veröffentlichen begann. An die Idee dieser Zeitschrift, in deutscher Sprache wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln, schließt auch der Thomasius-Club an. Die ca. einstündigen Gesprächsrunden werden als Podcast für Interessierte bereitgestellt.
Die Emigration deutscher Juden von Deutschland in die USA zwischen den Jahren 1933 und 1945 ist das Thema des Buches, das Prof. Dr. Andrea Sinn als Fellow des Historischen Kollegs Münchenin Zusammenarbeitmit Dr. Andreas Heusler erstellt hat. Darin haben sie autobiographische Zeugnisse aus erster Hand gesammelt und kritisch ediert, um das Schicksal der circa 280.000 jüdischen Emigranten zu illustieren. In Ihrem Vortrag am Historischen Kolleg München gibt Professor Sinn einen Einblick in diese Lebensgeschichten und analysiert sie kritisch entlang der zentralen Begriffe "Herkunft" und "Heimat".
Bernd Alois Zimmermann (1918–1970) hat sich immer wieder mit elektronischer Musik beschäftigt, am avanciertesten wohl in seiner Komposition /Tratto/. Darin geht es um die klanglichen Geheimnisse von Sinus-Tönen, aber auch um die Frage, ob man auf dem Tonband die Zeit schneller, langsamer und sogar rückwärts ablaufen lassen kann. Dazu und zur ausgestellten Junghans Labor-Stoppuhr hören Sie ein Audiofeature von und mit Musikwissenschaftlerin und AkademiemitgliedDörte Schmidtund ihrem Forschungsteam:Patrick Dziurla,Hemma Jäger,Ole Jana,Adrian Kuhl,Felix Marzillier,Kai Paschen,Matthias Pasdzierny,Katharina Schlosser,Jeruscha Strelow,Judith Treumann. Ein Beitrag des Akademienvorhabens„Bernd Alois Zimmermann-Gesamtausgabe. Historisch-kritische Ausgabe seiner Werke, Schriften und Briefe”.
Die Frage nach der Identität Europas ist so alt wie Europa selbst. Sowohl in der Ideengeschichte als auch in der politischen Geschichte des Kontinents taucht die Frage nach der europäischen Identität, nach dem europäischen Geist, wie es der französische Schriftsteller Paul Valéry 1919 in seinen Essays "Die Krise des Geistes" nannte, immer wieder auf. Valéry schrieb seine Essays unmittelbar nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs und verglich dabei Europa mit dem zaudernden Intellektuellen Hamlet. Auch heute denken wir über Europa und was es ideell ausmacht in Zeiten der Krise nach. So geschehen zuletzt in der Villa Vigoni am Comer See, wo sich Stipendiaten und Stipendiatinnen der Villa Vigoni, der Stiftung Genshagen und der Gerda Henkel Stiftung zusammengefunden haben, um über die kulturelle Identität Europas gemeinsam nachzudenken und sich darüber auszutauschen. Geleitet haben den Workshop Prof. Dr. Aleida Assmann von der Universität Konstanz sowie Jürgen Kaube von der Frankfurter Allgemeine Zeitung. In der Reihe vhs.wissen live diskutierten sie mit Georgios Chatzoudis von der Gerda Henkel Stiftung, was die kulturelle Identität Europas heute sein könnte.
Es ist der 28. September 1883 - das Ende des Deutsch-Französischen Krieges liegt mehr als zwei Jahre zurück. Zur Erinnerung an den Sieg über Frankreich wurde in Rüdesheim am Rhein ein Denkmal errichtet, das an jenem Tag von Kaiser Wilhelm I. feierlich eröffnet werden soll: das Niederwalddenkmal. Die Anwesenheit des Kaiser sowie der höchsten politischen Prominenz des Deutschen Reiches nahm eine Gruppe von Anarchisten um August Reinsdorf zum Anlass, auf den Kaiser ein Attentat während der Einweihung des Niederwalddenkmals zu verüben. Tatsächlich misslang der Anschlag, es wurde nicht einmal bemerkt, dass einer geplant war. Was aber wäre gewesen, wenn das Attentat gelungen wäre? Was, wenn Kaiser und die wichtigsten politischen Repräsentaten des noch jungen Deutschen Reiches dem Anschlag zum Opfer gefallen wären? Diese kontrafaktische Geschichte erzählt die Historikern Prof. Dr. Sylvia Schraut.
Die Documenta in Kassel war schon immer mehr als nur eine der bedeutendsten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Sie war von Beginn an eine Veranstaltung, die politisch aufgeladen war und zu gesellschaftlichen Kontroversen führte. Das hat sich bis heute nicht geändert. In den Anfängen bestimmte vor allem der Kalte Krieg das Klima der Documenta: Ist der sozialistische Realismus Kunst oder nur politische Propaganda? Im Mittelpunkt dieser Frage stand vor allem die Kunst in der DDR. Die Kunsthistorikerin Dr. Alexia Pooth hat in einem von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Projekt das Verhältnis der Documenta zur DDR erforscht und konnte dabei bislang unberücksichtigtes Material auswerten. Wir haben ihr dazu unsere Fragen gestellt.
August Wilhelm Iffland räsoniert in einer entscheidenden Lebensphase über die Zusammenhänge von Lebenszeit, Lebenskraft, Beruf und materieller Entlohnung. Die angemessene Honorierung künstlerischer Leistungen betrachtet der Schauspieler und Theaterdirektor als eine Voraussetzung, den Kunstenthusiasmus und die Kunstflamme am Leben zu erhalten. Lauschen SieKlaus Gerlach(BBAW) undRené Sternkezum Verhältnis von Lebensleistung, Lebensklugheit, Lebensgenuss und Lebenskunst. Ein Beitrag desEditionsprojekts zu Iffland.
Stellvertretung im Mittelalter – Konzeption und Funktionalität repräsentativer HerrschaftStellvertretung war ein in allen Lebensbereichen des Mittelalters weitverbreitetes Phänomen, wurde aber von der historischen Forschung bisher kaum untersucht. Im Zentrum des Forschungsvorhabens steht die Frage, wie Stellvertretung das Funktionieren von Herrschaft garantieren oder sogar optimieren konnte. Ausgangspunkt ist die These, dass ein konzeptionell angelegter und auf Durchsetzung und Akzeptanz zielender Einsatz von personaler Stellvertretung stabilisierende Wirkung hatte, diese aber destabilisierend war, wenn Stellvertretung nur als notwendiges Übel aufgrund eines begrenzten Macht- und Repräsentationsradius restriktiv eingesetzt und reguliert wurde.